Der Blick zurück und nach vorn

Montag verpasst, aber es geht ja auch mal Maik am Mittwoch. Vor allem, weil mich dieser 2. August gleich zweifach beschäftigt. Mit einem Blick in die Vergangenheit und einem in die Zukunft. 

Der zweite August ist der offizielle europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma. Eingeführt vom Europäischen Parlament 2015. Er soll an die insgesamt 500.000 Sinti und Roma erinnern, die im nationalsozialistisch besetzten Europa ermordet worden sind. Der Tag wurde ausgewählt weil am 2. August 1944, in der Nacht, die letzten 4.300 Sinti und Roma des Konzentrationslagers Ausschwitz-Birkenau ermordet wurden, trotz erbittertem Widerstand. 

“Orte wie Ausschwitz, Majdanek, Sobibor, Treblinka, Jasinovac, Bergen-Belsen, Buchenwald und Dachau sind zu den größten Friedhöfen für unsere Minderheit in Europa geworden. Ausschwitz steht als Symbol für ein Menschheitsverbrechen und den Zivilisationsbruch schlechthin, den die Nazis an 500.000 Sinti und Roma und sechs Millionen Juden begangen haben.” 

Das sagt Romani Rose, der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, zu Beginn seiner Rede vor Ort, die man sich jederzeit in voller Länge hier ansehen kann. 


Der Völkermord an den Sinti und Roma ging oft unter, im Gedenken die ermordeten Juden. Viele haben sie im besten Fall mitgemeint, wenn sie über das unfassbare Verbrechen gesprochen haben, das den Namen Holocaust trägt und das von Deutschland aus organisiert worden ist. Weil das Verbrechen durch die Zahl der ermordeten Menschen so monströs ist, dürfen die Zahlen der Betroffenen nicht miteinander konkurrieren. Es ist gut, dass auch 

dieser Anteil am Menschheitsverbrechen zunehmend stärker in den Fokus rückt. Denn während die Juden im Hebräischen von der Shoa sprechen, also der Katastrophe, gibt es auch in der Sprache der Roma ein eigenes Wort: Porajmos ist eine Wortschöpfung aus den 1990ern und kann mit Verschlingen und Zerstören übersetzt werden.

“Die Vergangenheit muss reden und wir müssen zuhören. Vorher werden wir und sie keine Ruhe finden.” Das schrieb Erich Kästner. 

Der Blick in die Zukunft, um den es mir heute auch geht, ist aber nur bedingt dazu geeignet, Ruhe zu empfinden. Denn heute ist auch der internationale Erdüberlastungstag.

 Am 2. August 2023 hat die Menschheit weltweit so viele natürliche Ressourcen verbraucht, wie die Erde in einem Jahr regenerieren kann. In Deutschland hatten wir diesen Tag schon im Mai erreicht. Oder anders gesagt: ab heute lebt die Menschheit über ihre Verhältnisse. Zumindest bis zum Ende des Jahres.

Würden alle Menschen auf der Welt so leben wie wir, bräuchten wir 1,7 Erden. Kann das auf Dauer gut gehen? Wohl kaum.

Die Umweltzerstörung, die damit einhergeht, trifft vor allem die Kinder des globalen Südens. Und das, obwohl sie selbst am wenigsten zur Ausbeutung beitragen. Laut Terre des Hommes sterben 1,7 Millionen Kinder jährlich durch Umweltschäden, 900 Millionen Kinder leiden unter Wasserknappheit. Auch daran sollten wir heute denken. 


Maik Meuser