Dimitrji, ein Taxi und der Weg in ein Kriegsland

 Ein Land, in dem Krieg herrscht. Und ich reise dorthin. Natürlich nicht an die Front, in den Osten der Ukraine. Aber immerhin doch nach Kiew. Und das zum Jahrestag des russischen Überfalls. Was wird mich dort erwarten, welche Eindrücke werde ich von dort mit nach Hause nehmen – viele Fragen, Anspannung. Es ist viertel nach fünf am Morgen. Die Familie schläft, ich ziehe leise die Tür zu und verlasse das Haus.

Das Taxi kommt – ich bin seit zwei Jahren nicht mehr geflogen. So lange habe ich Dimitrji nicht mehr gesehen. Früher hat er mich öfter abgeholt und nach Düsseldorf gebracht, wenn es morgens knapp und der Tag so voll war, dass ich den Flieger gewählt habe. Eine freudige Begrüßung folgt und als ich ihm erzähle, dass es für mich in die Ukraine geht leuchten seine Augen. „Ich bin in Dnipro geboren!“ Das hatte ich ganz vergessen. Dimitrji ist Ukrainer. Die Fahrt zum Flughafen erzählt er mir, wie er von hier aus versucht zu helfen aber auch wie stolz er auf Deutschland ist und die Unterstützung für die Ukraine. Und auch, dass er sein neues Heimatland verteidigt gegen Kritik aus dem Osten. Deutschland helfe nachhaltig, das würde oft übersehen. „Ich habe Freunde, die kämpfen. Für die ist das nicht leicht zu verstehen, sie sprechen vor allem über Waffen.“

Wie ist das, welchen Kontakt hält man zu den Freunden an der Front will ich wissen. Regelmäßig, aber eben auch immer mit Pausen, sagt Dimitrji. Die Gefahr vom Feind geortet zu werden sei groß. Also bleibe das Handy oft aus. Wenn Nachrichten kommen dann erzählen sie von Müdigkeit und Kälte aber auch von Mut und Hoffnung. Es sei unglaublich, dass die Ukraine so lange durchgehalten habe sagt Dimitrji mit Stolz. Als wir uns verabschieden umarmt er mich. Und bedankt sich, dass wir so viel darüber berichten.

Es ist ein komisches Gefühl, mit dem ich den Flughafen betrete. Angespannt aber auch bestätigt mache ich mich auf den Weg. Nach München zu einem intensiven Sicherheitstraining und dann in Richtung Ukraine. In die Hauptstadt eines Landes, das seit fast einem Jahr lang einen erbitterten Verteidigungskampf führt.

 

 

Maik Meuser