Hitze, Hunger, Hoffnung?  

Was für ein schöner Moment das war, heute Morgen. Mit dem Hund durch die Felder, Arvo Pärt auf den Ohren, die Augen geschlossen, die Hände links und rechts durch die Gräser streifen lassen. Glück. Augen auf, der Blick auf Gerste und Mohnblüten. 20 Grad. Idylle.

Wie anders fühlt sich das jetzt an. Am Schreibtisch in der Redaktion mit Blick auf diese Schlagzeilen: „Verheerendes Ausmaß an Hunger bei Kinder“ (ORF), „Indischer Exportstopp und Krieg: Weizen so teuer wie nie“ (ntv), „Fluch der Globalisierung“ (Süddeutsche Zeitung).

Die Preise für Nahrungsmittel sind in diesem Jahr um 30 Prozent gestiegen, verglichen mit 2019, schreibt David Pfeiffer in der Süddeutschen. Verdoppelt habe sich die Zahl der Menschen, die nicht wissen, wo sie die nächste Mahlzeit bekommen können – 276 Millionen geht das jetzt so. Das ist mehr als dreimal so viel wie die Bevölkerung Deutschlands. Akuter Hunger bringt fast 50 Millionen Menschen gerade in Lebensgefahr. Und das liege vor allem an Konflikten wie dem Ukraine-Krieg, an der Erderhitzung, der Pandemie und gestiegenen Kosten.

98 Prozent der Menschen, denen die minimal erforderliche Menge an Nahrungsmitteln fehlt, leben im sogenannten „globalen Süden“, also vor allem in Südasien und Afrika, so die Welthungerhilfe. Und das Kinderhilfswerk UNICEF warnt: Kurzfristig betroffen könnten gut 600.000 Kinder sein, weil der Krieg in der Ukraine gerade auch die wichtige Erdnusspaste teurer macht (Spiegel). Erschwert wird die Arbeit der Hilfsorganisationen durch die teuren Transport- und Lieferkosten. Es ist laut UNICEF ein „Zusammenwirken mehrerer Schocks“.

Dazu zählt dann auch der Weizen-Exportstopp Indiens. Das Land ist der zweitgrößte Produzent der Welt und hat eigentlich genügend Vorräte. Aber seit zwei Wochen leidet das Land unter einer enormen Hitzewelle mit Temperaturen teilweise bis zu 50 Grad Celsius. Schon die fünfte Hitzewelle seit März. Und das wird Folgen haben auf die Ernte. Die Ertragsschätzung wurde nach unten korrigiert und jetzt soll das Exportverbot die Versorgungssicherheit im eigenen Land gewährleisten. Keine guten Nachrichten für die Länder des globalen Südens.

Und dann stoße ich noch auf den Artikel von Andreas Frey aus dem Wissensressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Wie feuchte Hitze zum Killer wird“. Er schreibt über Studien von Klimaforschern zu Extremszenarien, wie wir sie gerade in Indien und Pakistan erleben. Die reale Gluthitze ist schon schwer ertragbar. Das wirklich Horrorszenario der Forscher ist aber die feuchte Hitze, wenn die Luftfeuchte so hoch ist, dass bei uns Menschen die natürliche Kühlung – also über das Schwitzen – nicht mehr funktioniert, weil die gesättigte Luft kein Wasser mehr aufnehmen kann. Dann steige die Körperkerntemperatur pro Stunde um mehr als ein Grad. Nach wenigen Stunden würde der Tod eintreten. 

Es ist erschreckend, das so nah an sich heran zu lassen. Und es fühlt sich in einem klimatisierten Gebäude sehr weit weg an. Wir müssen es aber tun. Wir müssen Verantwortung übernehmen. Für den akut wachsenden Hunger und gegen seine Ursachen, da wo wir sie beeinflussen können. Je mehr Menschen sich über Klimakrise und Erderhitzung informieren, dann andere Entscheidungen treffen als bisher – auch hier spielt die Ernährung, UNSERE Ernährung eine große Rolle (Stichwort Fleisch) – desto größer sind unsere Chancen. Jeder kann also etwas tun. Und auch gegen den akuten Hunger gibt es jetzt, sofort Möglichkeiten. Man kann spenden – zum Beispiel hier: RTL Wir helfen Kindern, Aktion gegen den Hunger, UNICEF, Welthungerhilfe, Terre des Hommes, Deutsches Rotes Kreuz, Brot für die Welt.

Nur Wegschauen dürfen wir nicht.

 

Maik Meuser