Wasser, Schlamm und Zukunft

Heute wirds ein Rückblick. Natürlich. Aber mit Ausblick. 

Es ist Sonntagabend. Ich sitze geschafft auf der Couch, die Hundedame räkelt sich entspannt neben mir, draußen schaukelt die bunte Hängematte ganz friedlich im leichten Wind und ich verdaue. Nicht das Essen sondern die Bilder und Informationen, die in den letzten drei Tagen auf mich eingeprasselt sind. Die Bilder aus Hagen, aus Erftstadt, aus der Eifel und aus dem kleinen Ort Schuld, ausgerechnet. Aber auch die Bilder aus Bad Neuenahr-Ahrweiler, wo einer meiner besten Freunde sein Haus an die Folgen der Klimakrise verloren hat. Zum Glück nicht sein Leben, oder das seiner zwei Söhne. Aber die Vorstellung, wie er abends schnell noch Wasser und Toast schnappt und durch das immer schneller herein strömende Wasser mit den Kleinen in den ersten Stock und später aus Vorsicht noch ins Dachgeschoss flieht hat mich fertig gemacht. Ich hab davon zwar erst am nächsten Morgen erfahren, aber es hatte mich wie ein Schlag mit einem dicken Stock getroffen. Zum Glück fehlten dem Wasser noch zwei Stufen bis ins Obergeschoss. Und zum Glück hatte der kleine Baum vor dem Küchenfenster das Wohnmobil aufgehalten, das die Fluten von außen durch die Wand in die Küche schieben wollten. Keiner weiß, ob das Haus stehen geblieben wäre, ohne diese Wand und meinem Freund und seinen Kindern, die oben kauerten, weiter Schutz geboten hätte. Mit dieser sehr persönlichen Hypothek bin ich am Donnerstagmorgen fluchtartig aus Hamburg abgereist. Unverrichteter Dinge. Denn eigentlich wollte ich vormittags mit einer hervorragenden Klima-Kita und pfiffigen Kids etwas für den RTL-Spendenmarathon drehen. Aber weil sich die Lage so zugespitzt hatte, über Nacht in Nordrhein-Westfalen und vor allem in Rheinland-Pfalz, musste ich mit meinem Kameramann wieder zurück nach Köln. RTL Aktuell und eine halbstündige Sondersendung um 20:15 warteten auf mich. 

Und Bilder. Jede Menge Bilder. Von Tod, Trümmern und Zerstörung. Von einem Katastrophengebiet, keine zwei Stunden von mir entfernt. Mit Szenen, wie man sie so in Deutschland noch nicht gesehen hat. Und mit der Erkenntnis: Die Klimakrise ist in Deutschland angekommen. Endgültig. Und sie zeigt uns: Niemand ist wirklich sicher. Nirgends. Zu schnell kam das Wasser, zu wenig vorbereitet waren die Orte nahe der idyllischen kleinen Flüsslein. Zu heftig die Kraft der Natur. Das Gefühl der heilen Welt in Deutschland, einem Land, das zwar etwas wärmer geworden ist, ja, aber das doch sonst zumindest kurzfristig nichts wirklich Schlimmes zu befürchten habe von diesem Klimawandel, von der Erderwärmung. All das begraben unter Schlamm der nach Diesel und Öl und teilweise sogar leicht nach Fäkalien riecht. Es war ein harter Realitätsschock. Schreckliche Tage für die Menschen, die mitten drinnen um ihre Existenz kämpfen, die Angehörige verloren haben, und nicht wissen, wie es jetzt weitergehen soll. 

Christian Häckl und Bernd Fuchs, unsere Meteorologen, haben uns und den Zuschauern erklärt, wie sich der Jetstream verlangsamt hat durch die Erderwärmung. Und wie das dazu führt, dass die Dürrezeiten länger andauern, aber eben auch die Tiefs länger hängen bleiben. Dass das alles eben am Klimawandel liegt, den wir Menschen verursacht haben und den wir weiter anfeuern. Jeden Tag. 

Das alles, die letzten Tage und Stunden, sind erstmal ziemlich niederschmetternd. Aber: Noch haben wir Zeit genug zu handeln. Eine mutige Politik ohne Ausreden kann helfen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, so dass es nicht noch schlimmer wird. Wir brauchen so etwas wie einen Marshall-Plan fürs Klima, in Deutschland und weltweit. Und wir brauchen die Einsicht möglichst aller Parteien und Politiker, dass das eine große und wichtige Aufgabe ist, die wir JETZT angehen müssen, können und wollen. 

Also: Packen wir es an! Endlich! Alle! Gemeinsam!  


Maik Meuser