Keine acht Jahre mehr

Sieben Jahre und stand jetzt 263 Tage. Das ist die Zeit, die uns Menschen noch bleibt, um die Erderhitzung doch noch auf 1,5-Grad zu begrenzen. Zumindest wenn wir einfach so weiter machen, wie bisher. Mit diesem Blick auf die Uhr bin ich am Montagmorgen in Glasgow aufgestanden. Es ist eine besondere Uhr: Die Klima-Uhr. Wissenschaftler haben dafür die neuesten Daten des Weltklimarates verwendet und ausgerechnet, wie lange uns noch bleibt bis wir so viel Treibhausgase in die Atmosphäre gepumpt haben, dass das 1,5-Grad-Ziel nicht mehr zu erreichen ist. Unsere Deadline. Diese Uhr kann sich jeder auf sein Handy laden. Sie steht hier in Glasgow aber auch mahnend an einer Straßenkreuzung als beeindruckende Projektion auf einem Turm. In rot zeigt sie die Deadline, in blau das sogenannte Fenster der Hoffnung. Denn die Deadline ist ja nicht unveränderbar. Die Zeit läuft uns davon, aber es gibt ja die Möglichkeit, die Lifeline zu verändern. An der Uhr zu drehen. Die Deadline zu stoppen. Das ist es, was zehntausende Demonstranten in diesen Tagen hier in Schottland verlangen. Treibhausgase reduzieren. Schnell. Und es ist das, was die rund 200 Staaten, die hier verhandeln, eigentlich erreichen wollen. Denn auf das 1,5-Grad-Ziel haben sich alle geeinigt. 2015 in Paris. Und am Sonntag in Rom auch die G20-Staaten, die alleine für 80 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind. Nur reichen die bisherigen Zusagen nicht aus. Das hat auch die geschäftsführende Bundeskanzlerin Merkel auf der Klimakonferenz nochmal unterstrichen.  Das Problem ist nur: Die Weltgemeinschaft ist wie ein riesiger Tanker in voller Fahrt. Ihn zu stoppen oder gar zu wenden dauert. Und wenn wichtige Staaten wie China oder Indien ihre Reduktionsziel so niedrig ansetzen, dass sie Klimaneutralität nicht bis zur Mitte des Jahrhunderts erreichen, dann kann mit zu Recht mit Sorge nach vorne schauen. Im Moment sind wir nicht auf dem Weg das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Im Moment steuert die Welt auf 2,7-Grad Erderhitzung zu – mit allen Konsequenzen. Eine derart erhitzte Welt wird nicht mit unserer Welt vergleichbar sein und die Generationen nach uns werden auf uns schauen und uns verantwortlich machen, für das, was wir angerichtet, bzw. unterlassen haben. Aber dann ist es zu spät. „Wir schaufeln uns unser eigenes Grab“ – so hat es UN-Generalsekretär Guteres formuliert. Und – um im Bild zu bleiben: Wir sind schon recht weit gekommen. Aber nach all den Gesprächen, die ich in Glasgow und auf dem Weg dorthin führen konnte, bleibt auch die Hoffnung, dass es nicht so weitergehen muss. Viele, vor allem junge Menschen, wollen Veränderungen und pochen darauf, dass die Staatenlenker ihren Erwartungen gerecht werden. Delegierte des UN-Klimagipfels der Jugend haben dem Präsidenten der Weltklimakonferenz am Wochenende ihre Forderungen übergeben. Sie verlangen einen internationalen Beschluss, der Klimabildung in die nationalen Lehrpläne aufnimmt, einen umfassenden und gerechten CO2-Handel von Emissions-Zertifikaten und einen Hilfsfond in Höhe von 100 Milliarden Euro für den globalen Süden. Die Gespräche mit diesen jungen Delegierten waren ein Highlight für mich rund um die Klimakonferenz. Es ist zutiefst bedauerlich, dass Deutschland, anders als andere Nationen, Vertreter der Jugend nicht in ihre Verhandlungsdelegationen aufgenommen haben. Das sollte sich schnell ändern.

Maik Meuser