„Lustig ist das Z***-Leben“ oder „Von Clubhouse und Oma&Opa“

Es gibt da diese Bilder, diesen Film in meiner Erinnerung: Meine Oma, die Akkordeon spielt und mein Opa, der dazu das gute Laune-Lied singt „Lustig ist das Z***-Leben“. Warum ich das Wort hier nicht ausschreibe? Das hat mit Clubhouse zu tun, mit Thomas Gottschalk, Micky Beisenherz und Steffen Hallaschka. Und mit mir.

Seit ein paar Tagen denke ich viel über das Z-Wort nach. Dass es kein guter Begriff ist war mir klar, nicht aber wie verletzend es für Angehörige der Sinti und Roma ist. Das habe ich erst wirklich begriffen, als ich einer Veranstaltung auf Clubhouse zuhörte, wo Betroffene sich über eine Talkshow im WDR unterhielten. Es ging um „Die letzte Instanz“ moderiert vom sehr geschätzten Kollegen Steffen Hallaschka. Und da saßen der ebenfalls sehr geschätzte Micky Beisenherz, die Schauspielerin Janine Kunze und Thomas Gottschalk. Sie diskutierten unter anderem darüber, ob die Entscheidung von Knorr, die Z-Soße aus Respekt vor Sinti und Roma umzubenennen in „Paprikasauce ungarischer Art“, eine gute Entscheidung war oder nicht. Alle Gäste hielten am Ende eine Rote Karte hoch und stimmten so für nein. Es wurde viel gelacht. Und dann kam eine Welle der Kritik. Der Vorwurf: Empathieloser Umgang mit Alltagsrassismus und die naive oder unbedachte Verwendung rassistischer Begriffe.

Später haben sich Janine Kunze und Micky Beisenherz dafür entschuldigt. Beisenherz hat sich übrigens auch der Runde bei Clubhouse gestellt, was ich leider knapp verpasst habe. Und er hat bei Twitter zu Recht auf ein grundsätzliches Problem der Talkshow hingewiesen: „Eine Sendung, in der vier Kartoffeln sitzen und mittels Karten über Rassismus abstimmen hat ein Problem. Und auch meine Rolle in der Show war keine gute. Ich habe die Kritik aufmerksam gelesen und finde sie auch berechtigt. Ganz klar mein Fehler. Sorry #DieletzteInstanz“

Es kommt eben nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern - und das vielleicht sogar noch stärker - von wem. Ich bin in derselben Position wie Micky. Ich bin ein privilegierter Weißer, der so gut wie niemals Rassismus erfahren hat. Vielleicht mit einer einzigen, kleinen Ausnahme. Als mich 2011 bei der Einreise nach Nigeria eine schwarze Grenzbeamtin ganz bewusst hat warten lassen, um schwarze Einreisende vorzuziehen. So lange bis sich ein Deutsch-Nigerianer für mich einsetzte. Aber was ist das schon im Vergleich zur Erfahrung mit strukturellem Alltagsrassismus, den viele Schwarze aber auch viele Sinti und Roma in Deutschland ständig machen.

Und jetzt? Meine Oma und mein Opa leben leider nicht mehr. Ihr Singen findet nur noch in meiner Erinnerung statt. Aber ich habe mich gefragt, wie sie wohl darauf reagiert haben würden, wenn ich versucht hätte ihnen zu erklären, dass das Z-Wort für manche Menschen eine schlimme Beleidigung ist. Sie hätten es mit Sicherheit nicht oder nur schwer verstanden. Nicht weil sie schlechte Menschen waren, ganz im Gegenteil. Auf die beiden lass ich nichts kommen! Aber ihnen wäre es wahrscheinlich so ergangen wie vielen anderen privilegierten Weißen.

Der Widerstand dagegen, nicht mehr vom Z-Schnitzel oder der Z-Soße zu sprechen, hat mehrere Gründe. Da geht es um Gewohnheiten und Bequemlichkeiten. Und den ein oder anderen nervt es, dass man auf einmal solche Wörter nicht mehr benutzen soll, die doch bisher kein Problem waren. Aber wenn man ehrlich ist: Sie waren schon immer ein Problem – nur halt nicht für diejenigen, die die Diskussion jetzt nervt.

Was also tun? Zwang finde ich schwierig, Einsicht besser. Die kommt aber nur von innen, man kann sie nicht erzwingen. Man kann nur Anstöße geben und die sind meistens effektiver, wenn sie nicht radikal und anklagend daher kommen. Ist für mich natürlich unendlich viel leichter zu sagen, als für Betroffene. Für mich, und nur für mich kann ich ja sprechen, stellt sich die Situation so dar: Es ist eine Güterabwegung. Die eine Seite nervt es, über Wörter nachdenken zu müssen, sie fühlen sich gegängelt. Die andere Seite aber trifft es härter: Sie fühlt sich beschimpft und beleidigt. Ich kann daher für mich nur sagen: ich will niemanden beleidigen. Also werde ich versuchen, meine Sprache zu reflektieren und mit meinen Kindern und meiner Umwelt darüber zu sprechen, warum die Z-Wörter und andere Begriffe schwierig sind und warum ich versuchen möchte, sie zu vermeiden. Es geht um Alltagsrassismus – das kann man auch nochmal nachlesen im klugen Buch von Alice Hasters.  

Oder bei der Anti-Rassismus-Trainerin Tupoka Ogette, die schreibt: „Wir alle können nichts für die Welt in die wir hineingeboren wurden. Aber jede und jeder kann Verantwortung übernehmen und diese Welt mit gestalten."

Maik Meuser