Back to school

Heute öffnen die Schulen in zehn Bundesländern. Zumindest teilweise. Einer meiner beiden Söhne profitiert davon. Der andere guckt weiter in die Röhre. Und ich? Ich bin zerrissen. Mich quält die Sorge um den seelischen Zustand meiner und vieler anderer Kinder, die für diese Pandemie einen hohen, einen sehr hohen Preis zahlen müssen. Manche einen deutlich höheren, als meine, das ist mir klar. Und gleichzeitig ist da die Sorge vor der dritten Welle, vor dem Durchschlagen der Mutationen. Und dazu kommt an diesem Montagmorgen auch noch eine Prise Wut. Wut darüber, wie schlecht Deutschland im Moment dasteht. Auch und gerade in der Bildungspolitik.

Distanzunterricht – so in etwa kann man Homeschooling ja ins Deutsche übersetzen, und das trifft es gleich doppelt. Denn Distanz entsteht ja gerade auch zwischen den Schülern verschiedener Schulen. Der Abstand wächst zwischen den Glücklichen, die gerade an einer Bildungseinrichtung „unterrichtet“ werden, die sich engagiert auf die Pandemie vorbereitet hat und denen, die auch nach einem Jahr keine guten Konzepte entwickelt haben, um möglichst alle Schüler mitzunehmen. Und Distanz entsteht natürlich auch zwischen den Schülern, die Eltern haben, die es zeitlich, nervlich und auch inhaltlich hinbekommen, ihre Kinder zuhause zu begleiten, unterstützen und zu fördern und eben den anderen. Neben dem Impfdebakel ist im Moment das Bildungsdebakel das zweite große Versagen Deutschlands. Mit Schäden, die sich noch in Jahren bemerkbar machen werden. Und in einem Bereich, der für unser Land und für unsere Zukunft so bedeutsam ist, wie wenige andere. Es geht um den zentralen Rohstoff eines rohstoffarmen Landes. Es ist einfach unfassbar, was hier gerade passiert. Und das jetzt schon seit Monaten. Wie lange soll das eigentlich noch so weiter gehen? Es ist ein Armutszeugnis.

Wie wär’s stattdessen mit einer Bildungs-Taskforce, die bundesweit für alle Schulen ein Notfall-Konzept entwickelt, mit Schnelltests für Schüler*innen und Lehrer*innen, mit Impf-Prioritäten für Lehrer*innen und mit Apps, die kostenlos die Kinder beim Lernen unterstützen, so dass sie mit großem Spaß, auch zuhause und auch unabhängig von den Eltern Mathe, Deutsch und Englisch lernen können. Irgendwann muss das Land der Dichter und Denker doch mal aufwachen aus diesem Albtraum. Es ist kurz vor zwölf.

 

 

 

Maik Meuser